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Wie die Telekom-Anbieter auf die Rückforderung reagieren
„Verbraucher können unabhängig von den Verbandsklagen der Arbeiterkammer die Rückerstattung der in der Vergangenheit bezahlten Beträge fordern und durchsetzen“, betont Rechtsanwalt Matthias Strohmayer.
© Clemens Fritzsche

Update Handy-Servicepauschale

Wie die Telekom-Anbieter auf die Rückforderung reagieren

GEWINN berichtete in der Februar-Ausgabe, wie man als Telekom-Kunde die Handy-Servicepauschale retour fordern kann. Da inzwischen sehr viele Kunden Musterbriefe an ihren Telekom-Anbieter geschickt haben, beißen sie nun dort leider – ohne anwaltliche Vertretung – auf Granit.

Von Claudia Jörg-Brosche

28.02.2024

Viele GEWINN-Leser, die den Musterbrief bereits an ihren Telekom-Anbieter geschickt haben, haben uns mittlerweile von den Antworten berichtet, die sie erhalten haben. Manche Unternehmen fordern eine umfassende Anzahl an zusätzlichen Daten (Kundennummer, Service-PIN und einiges mehr), andere verweigern die Zahlung mit dem Argument, dass die Arbeiterkammer ohnehin Verbandsklagen eingebracht hätte und eine Klärung abzuwarten ist. Andere betonen, dass bisher kein Urteil vorliegen würde, die sie zu einer Zahlung verpflichtet. Wieder andere berufen sich auf die Einschätzung der Rundfunkbehörde RTR.

Zum Thema Verbandsklagen, welche die Arbeiterkammer inzwischen eingebracht hat, stellt Rechtsanwalt Matthias Strohmayer, der mittlerweile über 1.000 Kunden gegen diverse Telekom-Anbieter vertritt, fest: „Der Anspruch auf Rückerstattung besteht unabhängig von den Verbandsklagen der Arbeiterkammer. Während das Verfahren der Arbeiterkammer insbesondere darauf gerichtet ist, dass sich die Telekom-Anbieter in Zukunft nicht mehr auf Servicepauschalklausel berufen dürfen, können Verbraucher die Rückerstattung der in der Vergangenheit bezahlten Beträge jetzt fordern und durchsetzen.“

Es ist zutreffend, dass es zwar zahlreiche OGH-Urteile zur Widerrechtlichkeit der Servicepauschale gibt, aber derzeit - soweit bekannt - noch kein spezifisches Urteil gegen einen Telekom-Anbieter ergangen ist. Diese haben bisher in sämtlichen Verfahren spätestens vor Ergehen eines Urteils Zahlungen an die Kunden geleistet. Das lässt zumindest vermuten, dass die Rechtslage eher zugunsten der Kunden ausfällt. Ansonsten hätte es wohl schon ein Unternehmen auf ein Urteil ankommen lassen.

Auf Zeit gespielt

Tatsache ist leider dennoch, so zeigen die Rückmeldungen unserer Leser in den letzten Wochen, dass die allermeisten Anbieter derzeit offenbar nicht gewillt sind, Servicegebühren ohne Einschaltung eines Anwalts zurückzuzahlen. Sie setzen dabei einerseits darauf, dass viele Kunden resignieren, andererseits auch auf den Zeitfaktor: Wird eine Klage nicht binnen drei Jahren nach Kenntnis vom Rückforderungsanspruch eingebracht, sind allfällige Ansprüche des Kunden möglicherweise verjährt.

Egal ob man aktuell als Kunde untätig bleibt oder eine Forderung per Musterbrief an seinen Telekom-Anbieter schickt – die Verjährung läuft weiter, sie wird dadurch nicht gehemmt. Das Einzige, das helfen könnte, ist die Beauftragung eines Rechtsanwalts, der, falls nötig, eine Klage bei Gericht einbringt. Ist man passend rechtschutzversichert, trägt man dabei selbst kein Kostenrisiko. Ist man dies nicht, muss man das Kostenrisiko selbst tragen. Alternativ arbeitet etwa Rechtsanwalt Matthias Strohmayer auch mit Prozessfinanzierern zusammen, die das Kostenrisiko übernehmen (und dafür schlussendlich einen Teil der Rückzahlung erhalten).

Neue Tarife ohne Servicegebühr

Dass die Telekomunternehmen vielleicht doch nicht so ganz sicher sind, ob ihre Servicegebühr vor Gericht halten wird, zeigt sich auch an einem anderen Detail. Immer mehr Unternehmen haben bei ihren neuen Verträgen keine Servicegebühr mehr dabei – zuletzt auch Marktführer A1. Der entsprechende Betrag wird nun üblicherweise in die Monatsbeträge eingerechnet, oft werden dafür zur Versüßung höhere Datenvolumina oder ähnliches angeboten.

Umstiegsangebot annehmen?

Seit Kurzem berichten manche Leser, dass sie zusätzlich zu einer abschlägigen Email, was ihre Forderung nach Rückerstattung der Servicegebühr betrifft, ein freundliches Gesprächsangebot erhalten. Der Telekomanbieter bietet ihnen dabei einen Umstieg in einen neuen Tarif ohne Servicegebühr an.

Soll man das annehmen? – Auf jeden Fall kann man sich das Angebot in Ruhe näher ansehen. Zahlt man, die Servicegebühr auf zwölf Monate aufgeteilt, nun tatsächlich nicht mehr? Welche zusätzlichen Vorteile werden angeboten? Wie verlängert sich dabei die Vertragslaufzeit? Und besonders wichtig: Verzichtet man mit dem Umstieg etwa auf das Einfordern der in der Vergangenheit (mutmaßlich zu viel gezahlten) Servicegebühr?

Wer noch plant, die in der Vergangenheit bezahlten Servicegebühren (etwa durch einen Rechtsanwalt oder einen Prozessfinanzierer) geltend zu machen, sollte hier vorsichtig sein: „Zustimmen sollte man nur, wenn sichergestellt ist bzw. es klar ist, dass man dadurch nicht auf Rückzahlungsansprüche verzichtet“, rät Rechtsanwalt Strohmayer. Dabei sollte man klar und schriftlich kommunizieren, dass man im Zuge des Umstiegs nicht auf diesen Anspruch verzichten möchte.

Denn unterlässt man das und stimmt nun einem Lösungsangebot des Telekomanbieters in Richtung neuem Tarif zu, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass dies als Einigung in Sachen Servicepauschale gesehen wird. Zumindest von Seiten des Telekomanbieters.

Hier geht's zum ursprünglichen Artikel aus der Februar-Ausgabe des GEWINN inkl. Download des Musterbriefes:
So fordert man die Handy-Service­pauschale retour

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